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Ratte vs. Supercomputer

Was kann eine Ratte mit einem Zehntausendstel ihres Gehirns wohl anfangen? Nicht so viel, könnte man meinen. Aber um diesen Teil des Rattenhirns (genauer gesagt, eine Neuronensäule mit 10’000 Neuronen) zu simulieren, braucht es immerhin: Einen Supercomputer von IBM, eine Handvoll Spitzenforscher der ETH Lausanne, viel Zeit und wohl auch viel Geld (und ein paar vereinfachende Annahmen). Und auch damit ist immer noch nicht klar, wie wertvoll die Vorhersagen dieses Modells sein werden – und ob auch der Supercomputer ein sinkendes Schiff verlassen würde.

Warum weiss ich, dass es mich gibt bzw. weiss ich das überhaupt?

„Wenn unser Gehirn so einfach wäre, dass wir es verstehen könnten, dann wären wir so dumm, dass wir es trotzdem nicht verstehen würden“, schrieb der norwegische Schriftsteller Jostein Gaarder. Und tatsächlich ist die Forschung noch weit davon entfernt, das menschliche Hirn in seiner Gesamtheit zu verstehen. Aber Hirnforscher entschlüsseln immer mehr biologische Prozesse in unserem Gehirn und stellen damit Grundsätze der Philosophie in Frage. Haben wir überhaupt ein Selbstbewusstsein und einen freien Willen, oder sind das nur durch neuronale Aktivitäten hervorgerufene Täuschungen? In einem Interview mit der ZEIT versucht der Philosoph Thomas Metzinger, den Widerspruch aufzulösen. Der Mensch habe keine Seele und kein „substanzielles Selbst“, erklärt Metzinger. Das „Selbst“, die Identität eines Menschen sei kein Ding, sondern ein stetiger Prozess: „Wir finden nichts im Gehirn, was sich durch die Zeit hindurch hält und die Selbigkeit der Person garantiert.“